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Festlegung der Schubsteifigkeit und Schubfestigkeit von Trägern, insbesondere aus Laubholz-BSH

Aktualisiert: 9. Dez. 2023




WHFF Projekt: 2019.10

Autoren: Ernst Gehri (ETH Zürich), Pedro Palma & René Steiger (Empa) sowie Thomas Strahm (neue Holzbau AG)


Das Kurzvideo zum Projekt auf Youtube kann unter folgendem Link angesehen werden: https://youtu.be/q2eJPn3biCY



Das Wichtigste in Kürze

  • Es wurden Prüfmethoden für die experimentelle Ermittlung der Schubsteifigkeit und der Schubfestigkeit von Trägern (insb. aus Laubholz-BSH) untersucht.

  • In 3-Punkt-Biegeversuchen an Fichten-BSH-Trägern der Festigkeitsklasse GL 32c mit Trägerhöhen von 480, 600 und 800 mm wurden Mittelwerte der Schubfestigkeit bzw. des Schubmoduls von 4.1 N/mm2 bzw. 600 N/mm2 ermittelt.

  • Aus den wenigen Vorversuchen an je einem 400, 500, 600 und 700 mm hohen Buchen-BSH-Träger der Festigkeitsklasse GL 48c wurden Mittelwerte der Schubfestigkeit bzw. des Schubmoduls von 9 N/mm2 bzw. 1000 – 1100 N/mm2 ermittelt.

  • Aus den 3-Punkt- und 4-Punkt-Biegeversuchen an Eschen-BSH-Trägern der Festigkeitsklassen GL 40c, GL 48c und GL 48c "Spezial", ergaben sich Mittelwerte der Schubfestigkeit fv,mean bzw. des Schubmoduls Gmean von 10 bis 12 N/mm2 bzw.1120 bis 1160 N/mm2.

  • Für die Baupraxis genügt in der Regel der Nachweis, dass die festgelegten Produktewerte erfüllt werden, bzw. dass die Prüfwerte über diese Anforderungen liegen. Hierfür genügt die einfachere 3-Punkt-Biegeprüfkonfiguration.


Projektbeschreibung

In der Baupraxis wird Holz sehr häufig in Form von Biegeträgern aus Vollholz oder Brettschichtholz (BSH) in Holztragwerken eingesetzt. Ingenieur:innen haben in statischen Berechnungen nachzuweisen, dass ein Biegeträger die Anforderungen der Baunormen betreffend Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit erfüllt.

Dies umfasst u. a. den Nachweis einer ausreichenden Biege- und Schubfestigkeit und eine Berechnung der zu erwartenden Durchbiegung sowie einen Vergleich dieses Werts mit vorgegebenen Grenzwerten.

Zentrale mechanische Eigenschaften in den erwähnten Nachweisen sind neben der Biegefestigkeit fm und dem Biege-Elastizitätsmodul Em, die Schubfestigkeit fv und das Schubmodul G. Diese Werte müssen für die in der Baupraxis eingesetzten Holzprodukte nach den Vorgaben von Prüfnormen ermittelt werden. Während die experimentelle Bestimmung von Biegefestigkeit und Biege-Elastizitätsmodul auf verhältnismässig einfache Weise mit einer 4-Punkt-Biegeprüfung erfolgen kann, ist es bedeutend schwieriger, einen für die Baupraxis und die Normierung geeigneten Wert für die Schubfestigkeit und den Schubmodul zu ermitteln.


In diesem Forschungsprojekt sollten daher Prüfmethoden für die experimentelle Ermittlung der Schubsteifigkeit und der Schubfestigkeit von Trägern (insb. aus Laubholz-BSH) für zwei Anwendungsbereiche untersucht werden, nämlich


  1. wo es für die Forschung wichtig ist, dass sich in den Versuchen praktisch ausschliesslich Schubbrüche einstellen und wo es möglich ist, auch komplexe Test-Setups zu realisieren und fortgeschrittene Messmethoden (z.B. Bildkorrelationsmessungen) einzusetzen; und

  2. wo es für den BSH-Produktionsbetrieb wichtig ist, mit einfachen, kostengünstigen Test-Setups sowie Mess- und Auswertemethoden zu operieren und wo bei der Qualitätskontrolle im Rahmen der Erstprüfung (und sofern angezeigt, im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle) die Überprüfung der deklarierten Eigenschaften des BSH-Produkts im Vordergrund steht.

Des Weiteren sollten genauere Kenntnisse zum Einfluss der Bauteilgrösse auf die Schubfestigkeit (Einfluss der Querschnittsabmessungen, Einfluss der geometrischen Abmessungen der Prüfkonfiguration) von BSH-Trägern aus Nadelholz (Fichte) und aus Laubholz (Buche und insbesondere Esche) erarbeitet und daraus für die Baupraxis gültige Beziehungen zur Erfassung des Grösseneinflusses bei der Schubfestigkeit abgeleitet werden.


Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse der geleisteten Forschungsarbeiten können wie folgt zusammengefasst werden:

In 3-Punkt-Biegeversuchen an Fichten-BSH-Trägern der Festigkeitsklasse GL 32c mit Trägerhöhen von 480, 600 und 800 mm wurden Mittelwerte der Schubfestigkeit bzw. des Schubmoduls von 4.1 N/mm2 bzw. 600 N/mm2 ermittelt. Die Abhängigkeit der Schubfestigkeit (Schubspannung am Ort des Schubbruchs) von der Trägerhöhe kann, ausgehend von einer Referenz-Trägerhöhe von 600 mm mit der Funktion fv = 4.0⋅(600/h)0.76 beschrieben werden.


Aus den wenigen Vorversuchen an je einem 400, 500, 600 und 700 mm hohen Buchen-BSH-Träger der Festigkeitsklasse GL 48c wurden Mittelwerte der Schubfestigkeit bzw. des Schubmoduls von 9 N/mm2 bzw. 1000 – 1100 N/mm2 ermittelt. Die Abhängigkeit der Schubfestigkeit (Schubspannung am Ort des Schubbruchs) von der Trägerhöhe kann mit einer Funktion in der Form fv = Konstante·h-0.40 beschrieben werden.


Den Schwerpunkt der Untersuchungen bildeten 3-Punkt- und 4-Punkt-Biegeversuche an Eschen-BSH-Trägern der Festigkeitsklassen GL 40c, GL 48c und GL 48c "Spezial", letztere mit jeweils 3 Lamellen der Festigkeitsklasse T50 ohne Keilzinkenstösse auf der Biegezugseite, um zu verhindern, dass die Träger auf Biegung versagen, bevor ein Schubbruch eintritt.

Aus den Versuchen ergaben sich Mittelwerte der Schubfestigkeit fv,mean bzw. des Schubmoduls Gmean von 10 bis 12 N/mm2 bzw.1120 bis 1160 N/mm2. Die Abhängigkeit der Schubfestigkeit von der Trägerhöhe h kann, ausgehend von einer Referenz-Trägerhöhe von 600 mm, ausgehend von den Ergebnissen der 4-Punkt-Biegeversuche mit einer Funktion in der Formfv = Konstante·(600/h)0.35 beschrieben werden.


Aus den 3-Punkt-Biegeversuchen wurde der Zusammenhang fv = Konstante·(600/h)0.20 ermittelt. Diese Forschungsergebnisse zum Eschen-BSH wurden im Rahmen der Publikation Lignatec 33/2021 "Verklebte Laubholzprodukte für den statischen Einsatz" in die Praxis umgesetzt.

Im Lignatec 33/2021 ist der Mittelwert des Schubmoduls von Eschen-BSH mit Gmean = 1000 N/mm2 angegeben und die Schubfestigkeit, auf der sicheren Seite liegend, mit einem Bemessungswert von fv,d = 3.2 N/mm2. Die Korrekturfunktion zur Erfassung des Einflusses der Bauteilgrösse auf die Schubfestigkeit wurde im Lignatec 33/2021 in der Form fv = Konstante·(600/h)0.25 angegeben. Entscheidend für alle Schubprüfungen an BSH-Trägern ist es, eine möglichst dem Schubfluss entsprechende Krafteinleitung zu gewährleisten. Dies ist mittels einer Krafteinleitung ausschliesslich über Querdruck im Holz nicht oder nur für kleine Trägerhöhen (und bei Trägern aus Fichtenholz) möglich.


Die Einleitung der zur Erzeugung von Schubbrüchen in Laubholz-BSH nötigen hohen Kräfte ist, bedingt durch die höhere Schubfestigkeit von Laubholz-BSH, praktisch nur mit eingeklebten Gewindestangen durchführbar. In den im Rahmen des vorliegenden Forschungsprojekts durchgeführten Versuchen konnte gezeigt werden, dass es durch Verstärkung der Krafteinleitungszonen im Bereich der Lasteinleitungen und der Auflager mittels eingeklebten Gewindestangen System GSA® fallweise ergänzt durch in vorgebohrte Löcher eingedrehte Vollgewindeschrauben möglich ist, die notwendigen hohen Kräfte in die Prüfkörper einzuleiten.

Um den Einfluss des Verhältnisses der Schubfeldlänge zur Trägerhöhe α = Lv/h zu untersuchen, bzw. den entsprechenden optimalen α-Wert zu ermitteln, wurden im vorliegenden Forschungsprojekt Versuche an Trägern mit unterschiedlichen α-Werten zwischen 1.11 und 2.5 durchgeführt. Wie durch die Versuche erneut bestätigt wird, ist zur Ermittlung der Schubfestigkeit eine genormte Basis-Prüfkonfiguration in Form eines 3-Punkt-Biegeversuchs mit einem Verhältnis zwischen Schubfeldlänge und Trägerhöhe von α = 1.6 – 1.8 zu empfehlen, um Biegebrüche zu vermeiden und um ein möglichst reine Schubspannungsverteilung im Schubfeld zu erhalten. Für diesen Wertebereich von α ergaben sich auch ähnliche Schubmoduln aus den 3-Punkt- bzw. den 4-Punkt-Biegeversuchen.


Für die Baupraxis genügt in der Regel der Nachweis, dass die festgelegten Produktewerte erfüllt werden, bzw. dass die Prüfwerte über diese Anforderungen liegen. Hierfür genügt die einfachere 3-Punkt-Biegeprüfkonfiguration. Ein vertiefter Einblick in das Schubverhalten lässt sich allerdings mit dieser Prüfkonfiguration nicht gewinnen. Hierfür bietet sich die in diesem Projekt eingesetzte sogenannte "Alternative 4-Punkt-Biegeprüfkonfiguration" an. Diese ist zwar aufwendiger, ermöglicht es aber, bei gleich grossen erforderlichen Kräften höhere Schubspannungen zu erzeugen und längere Schubfelder zu prüfen. Im Vergleich zu 3-Punkt-Biegeversuchen erlaubt diese Art des Versuchs eine Verdopplung der Feldlänge bei identem Biegemoment und identer Querkraft. Der Einfluss der Querdruckspannungen auf die Schubspannung kann damit nahezu eliminiert werden.


Während für die Baupraxis die Kontrolle bzw. der Nachweis einer festgelegten bzw. deklarierten Baustoffeigenschaft im Vordergrund steht und damit de facto ein Systemwert verknüpft mit einem geregelten Vorgehen (Prüfung, Abmessungen, Auswertung) gemeint ist, möchte man in der Forschung das Schubverhalten von BSH-Trägern möglichst ganzheitlich erfassen.


Vollständiger Bericht zum Download:


Mehr Informationen zum Projekt finden Sie auf ARAMIS.



Das Projekt wurde von der Wald- und Holzforschungsförderung Schweiz WHFF-CH des Bundesamtes für Umwelt BAFU und der Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft KWL der Kantone unterstützt.

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